Die
Goldenen Verse
des Pythagoras
Auf die uralte Frage nach dem Schicksalsweg des Menschen antworten die Goldenen
Verse: Den Göttern zugewandt wandern wir durch die Welt und
kehren zu den Göttern zurück!
15 Ja,
erkenne: Es ist einem jeden beschieden zu sterben.
16 Und
die Güter der Erde werden erworben, aber auch
wieder verloren.
17 So
tragen die Menschen Mühsal und Leid durch Gottgesandtes
Schicksal.
18 Wenn
du Göttliche Fügung erfährst, nimm sie
gelassen hin
und nicht mit Unwillen.
19 Du
sollst aber der Not abhelfen, soweit du vermagst.
Und bedenke:
20 Das
Schicksal lädt dem Verständigen durchaus
nichts Übermäßiges auf.
21 Es
treffen die Menschen viele heillose aber auch heilsame
Worte,
22 vor
denen du aber nicht erschrecken sollst,
23 und
laß dich ja nicht beirren.
Wenn eine Unwahrheit über etwas gesagt
wird,
24 bleibe
gelassen.
Was ich dir aber jetzt sagen werde, soll
in jeder Hinsicht getreu
erfüllt werden.
25 Niemand
möge dir seine Meinung einreden, noch durch sein
Tun
dich verführen,
26 etwas
auszuführen, ja nicht einmal zu sagen, was nicht
das gewiß
Bessere ist.
27 Vor
einer Handlung aber überlege und laß dich
beraten,
damit nichts Törichtes daraus entstehe,
28 sind
doch nutzloses Handeln und Reden Zeichen der Toren.
29 Setze
nur das ins Werk, was dich hernach nicht belastet.
30 Tue
aber nichts, wovon du nichts verstehst, sondern lerne
alles,
31 was
notwendig ist, und du wirst das erfreulichste Leben führen.
32 Zudem
ist es erforderlich, nicht nachlässig mit der Gesundheit
des Körpers zu sein,
33 sondern
Maß zu halten, sowohl im Trinken und Essen,
als auch in Übungen des Körpers und
des Geistes.
34 Maß nämlich,
sage ich, auf daß es dich nicht erschöpfe.
35 Gewöhne
dich an eine reine und disziplinierte (unverweichlichte)
Lebensweise.
36 Und
achte darauf, freiwillig nur so viel zu tun, wie es
keinen Neid erregt.
40 Auch
soll der Schlaf dir die müden Augen nicht schließen,
41 bevor
du dir über jede einzelne Handlung des Tages dreimal
Rechenschaft gegeben.
42 Habe
ich Unrecht getan?
Was habe ich mit Liebe erfüllt?
Was habe ich versäumt?
43 Beginnend
beim Wichtigsten, gehe alles in Gedanken durch;
dann aber
44 bekämpfe
in dir, was Ungutes du getan, war es aber gut, so
freue dich darüber.
45 Aus
freiem Willen bemühe dich, aus freiem Willen übe
sorgfältig.
All dies sollst du in Liebe pflegen.
46 So
wirst du auf dem Weg zur Göttlichen Vollkommenheit
wandeln.
47 Wahrlich,
das schwöre ich bei dem, der unserer Psyche
die Heilige Vierzahl (Tetraktys) anvertraute,
48 eingepflanzt
dem ewigen Wesen.
VOLLENDUNG
48 Nun
beginne dein Werk,
49 dir
von den Göttern erflehend, daß es zum Ziel
führen möge.
All dessen wirst du Meister sein:
50 D
u wirst e r k e n n e n der unsterblichen
Götter
und der sterblichen Menschen Verbindung,
51 die
in allem erscheint und alles überwindet (bemeistert).
52 Du
wirst e r k e n n e n soweit es dir nach Göttlicher
Ordnung
gebührt, daß die Natur in allem
gleichen Wesens ist
(sich entspricht),
53 sodaß du
weder Unmögliches erhoffst, noch dir etwas
verborgen bleibt.
54 D
u wirst e r k e n n e n, daß die
Menschen
selbstverschuldetes Leid tragen;
55 die
Unglücklichen, die, wenn auch das Gute nahe ist,
es weder beachten, noch dessen innewerden,
56 und
nur wenige um die Erlösung vom Übel wissen.
57 Eine
derartige Torheit verwirrt ihren Sinn.
58 Auch
sonst lassen sie sich von Stürmen des Lebens auf
andere
als der Wahrheit Wege fortreißen zu unendlichem
Leid.
59 Denn
es blieb ihnen verborgen eine unzertrennliche
Begleiterin die
unselige, schädigende Zwietracht;
60 sie
aber soll man nicht vertiefen, sondern, was man nicht
ausgleichen kann, soll man sogar fliehen.
63 Vor
allem sei getrost, da ja die Sterblichen Göttlicher
Herkunft sind,
64 und
die Natur ihnen das Heilige offenbart und sie alles schauen
läßt.
65 Wenn
dir wahrhaftig solches zuteil wird, wirst du meistern,
was ich dich heiße zu tun.
66 Ins
Gleichgewicht bringend und heilend aber wirst du
die Psyche vor Leiden bewahren.
67 Doch
meide in ernster Prüfung schon die ersten Anfänge
dessen,
was wir (Ungutes) nennen,
68 zur
Reinigung und Erlösung der Seele.
Und also versprich jedes einzelne.
69 Du wirst
dich von oben her leiten lassen durch edelste Einsicht, Absicht
und geistiges Vermögen.
70 Wenn
du aber den Körper verläßt, mögest
du die Freiheit
des Äthers erreichen.
71 Du wirst
nicht mehr zu den Sterblichen gehören, du wirst
ein unsterblicher Gott sein, herrlich und heilig.
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